(M)Eine Auszeit aus der Pflege – Ein Sommer lang in den Bergen

(M)Eine Auszeit aus der Pflege – Ein Sommer lang in den Bergen

Schon immer träumte ich von einer Auszeit auf der Alm, nur meine Kinder und ich – völlig losgelöst vom Alltag. Ein Jahr vor dem großen Abenteuer begann ich alles zu organisieren. Meine Pflegedienstleitung gab mir problemlos grünes Licht und schon befand ich mich mitten auf der Suche nach dem geeigneten Platz für unser Abenteuer. Eigentlich wollte ich auf eine Alm, da diese jedoch zu wenig Platz und zu große Gefahren für Kinder bargen, hieß es nun einen passenden Bauernhof zu finden.

Mein Traum wird wahr

Nach langem Suchen stieß ich auf die Plattform WWOOF (Willing Workers on organic farms), welche mir gegen einen geringen Beitrag eine Liste von in Frage kommenden Bauernhöfen zusandte. Mein Favorit war Österreich, wenngleich ich jede Menge Angebote weltweit hätte in Anspruch nehmen können. Eine wirklich große Auswahl für Alltagsaussteiger – mit Kindern war ich da wohl eher ein Exot. Zunächst wusste ich nicht wo ich meinen Sommer verbringen sollte. Doch dann fand ich das Richtige! Ende März 2018 fuhr ich nach Österreich um mir ein Bild meiner neuen Bleibe für die nächsten Monate machen zu können. Auf Anhieb war klar, das ist das Richtige für mich und meine Kinder. Jippiiiiii!

Im Juni 2018 startete ich mit meinen beiden Kindern (5 und 3 Jahre), mit Sack und Pack für 3 Monate nach Österreich auf einen Bio-Bauernhof.

Auf dem Bio-Bauernhof lebten wir nun unseren Traum, gemeinsam mit Hahn Luis und seinen 6 Hühnern, die uns immer frische Eier bescherten. Außerdem leisteten uns Kater Carlos, die 4 Katzen Luna, Franzi, Nora und Judith sowie 16 Ziegen, zwei Zicklein, ein Ziegenbock, 80 Schafe und Lämmer Gesellschaft.

Unser neuer Alltag

Um 6:45 Uhr hieß es aufstehen, um auf der Weide die Schafe und Ziegen zu holen und bis 8:30 Uhr 16 Ziegen und 60 Schafe zu melken. Nachdem wir die Tiere wieder hinaus auf die Weide getrieben hatten, folgte bis 10:00 Uhr Frühstück mit Espresso, frischer Schafsmilch und von mir selbst gebackenem Brot.

Nun ging es weiter in die Käserei zum Käse machen oder Gras mähen und Melkmaschine sauber machen.

13:00 bis 14:30 Uhr folgte die Mittagspause. Anschließend wurde im Gemüsegarten gearbeitet, ausgemistet, der Elektrozaun neu umgesteckt usw.

Um 17:00 Uhr holten wir die Tiere von der Weide und melkten sie. Später hieß es erneut Vieh zurück auf die Weide bringen und dann gab es, puh, eine wohlverdiente Brotzeit mit unserem selbst gemachten Käse und einem kühlen Bier.

Erfahrungen die ich nicht mehr missen möchte

Es war eine tolle Erfahrung den ganzen Tag in der Natur zu sein und zu sehen, zu was Kinder alles fähig sind, was sie alles können, wenn man es ihnen zutraut, wie verantwortungsvoll sie mit Tieren umgehen.

Eines Tages starb ein krankes Schaf, draußen auf der Wiese. Wir waren alleine, die Bauern kamen erst am nächsten Tag wieder. So blieb mir und den Kindern nichts anderes übrig, als gemeinsam das tote Tier in eine Schubkarre und in die kühle Werkstatt zu tragen. Wir sperrten die Türe zu, die Kinder bekamen Panik. Wie sollten jetzt die Engel das Tote Schaf in den Himmel holen, wenn doch die Türe versperrt sei? Ich erzählte ihnen von der Seele der Verstorbenen und vom Himmel, in dem diese weiterlebte. Dann war für sie alles klar.

Hatten wir frei, gingen wir wandern. Die Kinder hatten eine wahnsinnige Ausdauer, die ich ihnen niemals zugetraut hätte. Sie waren einfach an allem interessiert. Zweimal waren wir über Nacht auf einer Hütte. Der Himmel war uns so nah, die Sterne viel klarer. Auch sahen wir in dieser Zeit die Mondfinsternis, für uns ein unvergessliches Erlebnis!

Ist man an dem Punkt angekommen, sein Leben einmal, wen auch nur kurz, entschleunigen zu wollen, empfehle ich Jedem, sich eine Auszeit ohne Handy, Internet, Fernsehen und Auto zu suchen. Das Leben in der Natur verlangsamt einen ungemein. Man ist mit sich, der Natur und den Tieren beschäftigt und konzentriert sich auf ganz andere Sachen im Leben als bisher. Mein Gehirn war in dieser Zeit total leer, ich habe mich seit langem komplett „heruntergefahren“ gefühlt.

Was ich nun im Rückblick jedoch am meisten vermisst habe, war die Gesellschaft anderer Menschen. Als wir wieder zurück in Regensburg waren, fuhr ich mit den Kindern auf jedes Fest in der Stadt. Offenbar hatte dies auch den Kindern gefehlt, denn sie wollten nie nach Hause!

Als ich Mitte September im Regensburger Kindl wieder zu arbeiten begann und meine Patienten besuchte, war es, als ob ich nie weg gewesen wäre. Alle empfingen mich so herzlich. Ich danke dem Regensburger Kindl für diese unfassbar schöne Auszeit, die sie mir ermöglicht haben. Neben Erfahrungen, die ich nie mehr missen möchte habe ich eines gelernt: Wie auch unsere kleinen Helden, die wir betreuen, sollte ein jeder Mensch eines tun: Aus jedem Tag das Beste machen!

Weitere Impressionen

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Autorin

Ulrike B., Pflegefachkraft für außerklinische pädiatrische Beatmung bei der Mobilen Ambulanten Pflegepartner GmbH & Co. KG – Münchner Kindl