Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Familienhebammen und Familiengesundheits- und Kinderkrankenpfleger*innen – Möglichkeiten und Grenzen

Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Familienhebammen und Familiengesundheits- und Kinderkrankenpfleger*innen – Möglichkeiten und Grenzen

Einblick in meine Bachelorarbeit

„Die Versorgung eines pflegebedürftigen Kindes ist eine Familienangelegenheit“ (Pflege-Report 2022).

Die Betreuung von pflegebedürftigen Kindern findet mittlerweile tendenziell eher zu Hause statt, unabhängig vom Ausmaß der eingeschränkten Alltagskompetenz und notwendiger intensivpflegerischer Versorgung. Aus der Zunahme von Familien in schwierigen Lebenslagen resultiert ein erhöhter und gleichzeitig herausfordernder Betreuungsbedarf. Familiäre Strukturen wandeln sich und die Versorgung im häuslichen Umfeld nimmt einen zunehmenden Stellenwert im Gesundheitswesen ein. Bestehende Unterstützungssysteme werden aufgebrochen und erfordern eine Veränderung. Als Reaktion darauf bedarf es einer Ausarbeitung neuer Betreuungs- und Versorgungskonzepte für Pflegende und Hebammen – und genau das habe ich mir zur Aufgabe meiner Bachelorarbeit gemacht!

Doch wie bin ich überhaupt auf diese Idee gekommen?

Seit dem 01. September 2021 arbeite ich als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin beim Regensburger Kindl. Im Rahmen dieser Tätigkeit kam und kommt es zur Konfrontation mit Familien in erhöhten Belastungssituationen. Beispielsweise durch eine chronische Erkrankung des Kindes ergeben sich besondere Bedürfnisse und ein damit verbundener intensivpflegerischer Versorgungsbedarf. Erfahrungsgemäß zeigt sich, dass Familien in besonderen Extremsituationen zum Teil nicht adäquat aufgefangen werden. Fragen bleiben offen und häufig fehlt eine direkte Ansprechperson mit der entsprechenden Vertrauensbasis.

Treten Extrembedarfslagen auf, welche bereits im Rahmen der Schwangerschaft eine Indikation für das Tätigwerden von Frühen Hilfen darstellen und/oder besteht nach der Geburt des Kindes besonderer Förderungsbedarf, so ist es erforderlich, ein weitreichendes Hilfesystem zu entwickeln. Darunter fallen beispielsweise Belastungsmerkmale wie eine Risikoschwangerschaft oder Erkrankung der Mutter sowie eine (drohende) Behinderung und/oder chronische Erkrankung des Kindes, ggf. gepaart mit einem sozioökonomisch niedrigen Status und geringem Bildungsniveau. Bei der Konfrontation mit demensprechenden Herausforderungen kommen einzelne Berufsgruppen an die Grenzen ihres Tätigkeitsbereiches. Das Prinzip der Interdisziplinarität zwischen Familienhebammen und Familiengesundheits- und Kinderkrankenpfleger*innen sollte hier also zukünftig Anwendung finden.

„Es wäre großartig, wenn man gerade am Anfang jemanden hätte, der einen an die Hand nimmt und erklärt, welche Hilfen man bekommen kann und wie das geht“ (Pflege-Report 2022).

Die Zielsetzung meiner Bachelorarbeit lag darin, die aktuelle Versorgungsstruktur im Rahmen der interdisziplinären Betreuung von Familien mit einem chronisch kranken Kind bzw. einem Kind mit Behinderung durch Fachkräfte der Frühen Hilfen zu erläutern. Dabei lag es mir, neben der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik, besonders am Herzen ein Versorgungs- und Betreuungskonzept für die Entlassung bzw. erste Zeit zu Hause nach der Geburt des Kindes zu entwickeln. Unter der Mitarbeit einer Familie aus meinem Versorgungsbereich des Regensburger Kindls konnte ich wertvolle Ergebnisse sammeln, indem ich jeweils ein Interview sowohl mit der Mutter als auch dem Vater des Kindes geführt habe. Die Ergebnisse haben letztlich deutlich gezeigt, dass sich in der Betreuung von Multiproblemfamilien ein Benefit im Einsatz beider Professionen ergeben kann, was einen klaren Unterschied zu der aktuellen Versorgungsstruktur darstellt. Es wird sich nämlich entweder für eine Familienhebamme oder eine/n Familiengesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in entschieden.

Was sagen nun aber die Eltern eines pflegebedürftigen Kindes zu dieser Idee?

Für die beiden interviewten Elternteile steht fest, hätten sie die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des vorgestellten Betreuungskonzeptes durch eine Familienhebamme und einer/s Familiengesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in mit dem Schwerpunkt auf der familienorientierten Betreuung gehabt, hätten sie es in jedem Fall in Anspruch genommen und sind sicher, (noch) besser betreut geworden zu sein. Außerdem erwähnt beispielsweise die Mutter, aus ihrer persönlichen Einschätzung heraus, dass durch diese Form der Herangehensweise zur Versorgung von Multiproblemfamilien keine Familie mehr durch das Raster fallen würde. Wichtig sei auch die Tatsache, dass Fachkräfte auf einen zukommen und nicht aus eigenen Stücken Hilfe eingefordert werden muss. Die Überwindung bleibt aus und Impulse kommen von Seiten der Fachkräfte. In Anlehnung dazu schließt sich auch ihr Partner an und ist ein großer Fan der Idee. Er beschreibt, dass das Netzwerk unglaublich viel ausmacht. Fachkräfte, welche bereits in diesem Netzwerk interagieren, können Verbindungen schaffen, das Netzwerk erweitern und neue Partner*innen miteinflechten. Genau diesen Vorteil findet er besonders herausragend.
Deutlich wird, dass ein klarer Impuls in Richtung der Schaffung von familienorientierter, unabhängiger Betreuung und Beratung mit Case-Management gelingen sollte, um die Zukunft von Familien in hochkomplexen, herausfordernden Situationen optimal zu begleiten. Diese Tatsache lässt sich letztendlich auch durch die Wahrnehmung, Wünsche und Bedürfnisse von der hier befragten Familie unterstreichen und spannt somit den Bogen zwischen wissenschaftlichen Annahmen und persönlicher Wirklichkeit.

Autorin

Franziska B., Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin/Bachelor of Science Nursing bei der Mobilen Ambulanten Pflegepartner GmbH & Co. KG – Münchner Kindl, Regensburger Kind