Mein Arbeitsalltag in einer Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen: bunt, abwechslungsreich und voller Überraschungen!

Mein Arbeitsalltag in einer Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen: bunt, abwechslungsreich und voller Überraschungen!

Meine Arbeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen im Stadtgebiet München ist wahrscheinlich nicht mit vielen anderen Arbeitsplätzen zu vergleichen.

Ich arbeite mit Menschen, die aus Not, Angst oder politischer Verfolgung gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen.

Ganz speziell mit den Kleinsten im Alter von null bis sechs und natürlich auch mit ihren Eltern.

Manche Kinder kommen im Bauch der Mütter zu uns und werden bereits auf dem Weg in die Welt von uns begleitet.

Andere haben das Verlassen ihrer Heimat bewusst miterlebt.

Die ersten Momente in der Erstaufnahme

Sind die Familien in den Erstaufnahmen angekommen, versuchen wir mit allen Familien in Kontakt zu treten, deren Kinder im Altersspektrum von null bis sechs liegen. Die Herkunftsländer sind bunt durchmischt – ich schätze aktuell 10-12 unterschiedliche Herkunftsländer.

Die Familien die wir kennenlernen, haben oft unsagbare Strapazen hinter sich, fühlen sich erschöpft und brauchen oftmals etwas Zeit, um sich erst einmal in der neuen Umgebung zurechtzufinden.

In den meisten Kindern erwacht jedoch oftmals sofort die Entdeckungslust und schon findet man sie freudig in den Räumen, in denen Spielsachen angeboten werden.

Räume, in denen man auf dem Teppich toben oder von der Couch springen darf. In denen es Papier und bunte Stifte gibt.

Und sie kommen regelmäßig, ganz von selbst und bringen ihre Eltern mit.

Es ist eine Wohltat zu sehen, wie diese kleine Nische, in der ein Kind für eine Stunde einfach nur Kind sein darf, den Weg in Richtung Normalität und Stabilität ebnet.

Humor öffnet Türen und zündet ein Licht an

Nachdem ich außer Englisch keine Sprachen sicher beherrsche, gibt es in den Kontakten oft komische Situationen, zum Beispiel wenn ich mit Körper und Mimik zu erklären versuche, was meine Arbeit ist und wie ich sie umsetze.

In diesen Situationen habe ich gelernt: Humor geht fast immer. Humor öffnet Türen und er zündet ein Licht an.

Ich habe auch gelernt, dass manchmal kein Weg an einem professionellen Dolmetscher vorbeigeht und bin für die gute Zusammenarbeit immer wieder sehr dankbar.

Es bedeutet den Eltern meist viel, in ihrer Muttersprache sprechen zu können.

Wir machen uns stark für das Wohlergehen der Kinder

Das Ziel unserer Arbeit: Gemeinsam mit den Familien Bedingungen schaffen, unter denen sich ein Kind gut entwickeln kann, um das Wohlergehen der geflüchteten Kinder zu stärken. Wir wollen vermitteln, was dazu in Deutschland von den Eltern erwartet wird. Zur Unterstützung arbeiten wir eng mit medizinischen, psychologischen und anderen pädagogischen Fachdiensten zusammen.

Unsere Beratung beginnt bei der frühkindlichen Bindung und der Sicherheit der Kleinsten und endet mit dem Schuleintritt – sie umfasst all die Themen, die auch ansässige Familien beschäftigen. Ernährung, Grenzsetzung, Geschwisterrivalitäten, die Liste ist lang und verändert sich immer wieder.

Gewaltfreie Erziehung – nicht für alle selbstverständlich

Viele Eltern haben großes Interesse und möchten lernen, wie wir in Deutschland mit unseren Kindern umgehen und warum wir es tun. Andere müssen erfahren, dass wir unsere Kinder gewaltfrei erziehen und welche unbedingten und unmittelbaren Rechte Kinder in Deutschland haben.

Gemeinsam haben aber alle Familien Eines: Sie kommen aus schwierigen Bedingungen und leben auch in der Erstaufnahme in einer Umgebung, die es einfach schwer macht, der Entwicklung ihrer Kinder einen fruchtbaren Boden zu bereiten.

Im Austausch mit den vielen, unterschiedlichen Kulturen, habe ich in den letzten Jahren gelernt: Das „Richtig“ und „Falsch“ ist oft eine Frage des Blickwinkels.

Mein Arbeitsalltag: bunt, abwechslungsreich und voller Überraschungen!

Meine Arbeitstage sind bunt, äußerst abwechslungsreich und voller Überraschungen:

Am Morgen weiß man nie, ob man abends glücklich in sein Bett fällt, weil dringende Anliegen geklärt werden konnten und es viel zu lachen gab.

Oder ob Einem zum Weinen zumute ist, weil die Geschichten der Menschen zu nah ans Herz gingen.

Ob man wütend sein wird, über die Geschehnisse in der Welt, die zu all diesen Einzelschicksalen führen.

Oder ob man einfach nur müde ist, weil es zu viele unüberwindbare bürokratische Barrieren gibt, die man auch heute nicht überwinden konnte.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte…

Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen, die Alles riskiert haben, um zu entkommen und um ihren Kindern eine bessere Zukunft bieten zu können. Die persönlichen Erzählungen über Flucht und Fluchtgründe sind manchmal mehr, als man hören möchte. Trotzdem höre ich zu und staune darüber, was ein Mensch bewerkstelligen kann.

Hätte ich in meiner Funktion als Fachkraft der Frühen Hilfen in Erstaufnahmen einen Wunsch frei, so würde ich mir für alle geflüchteten Familien diesen schnellen und unkomplizierten Zugang zu den Angeboten der Münchner Kinder- und Jugendhilfe wünschen, wie wir ihn bieten. Leider bleibt er vielen Familien verwehrt, solange das Asylverfahren nicht abgeschlossen ist.

Für einen Erwachsenen ist die Wartezeit von einigen Monaten vielleicht überschaubar – ein Kind verliert in der gleichen Zeit zahllose Chancen.

Autorin

Steffa Gottwald, Dipl. Sozialpädagogin (FH), Mitarbeiterin Frühe Hilfen in den Erstaufnahmen bei der Mobilen Ambulanten Pflegepartner GmbH & Co. KG – Münchner Kindl